Heimatverein Schildesche

An jedem ersten Samstag im Monat

Führung durch den historischen Ortskern

Treffpunkt Portal Stiftskirche, 11:30 Uhr

Kostenbeitrag 5 .- €,

Dauer ca. 1,5 Stunden  

Anmeldungen sind nicht erforderlich.

Veranstaltung des Runden Tisches Schildesche

Die Ursulinen in Schildesche


Weihe der St. Ursula-Kirche vor 65 Jahren
Wer aus der Stadt Bielefeld nach Norden fährt, sieht von der Beckhausstraße aus auf der rechten Seite einen weißen kupfergedeckten Kirchturm; wer auf der Engerschen Straße stadtauswärts fährt, hat auf der linken Seite den Einblick in ein großes Schulgelände mit Sport- und Pausenplatz und einer zweifach-Turnhalle am Südende. Von der Sieboldstraße bietet sich nur ein begrenzter Blick zum Konventstrakt der Ursulinen-Niederlassung.

Die Anfänge
Das große ehemalige Kleingartengelände, ursprünglich Kirchenland der katholischen Pfarrei St. Johannes Baptist, war durch einen Erbpacht-Vertrag im Jahre 1951 dem aus Schlesien geflüchteten bzw. vertriebenen Konvent der Breslauer Ursulinen zur Bebauung zur Verfügung gestellt worden. Der Ortspfarrer und Caritas-Direktor Bernhard Lutterberg war dabei behilflich.
Der lange Weg aus Breslau
Die Ordensfrauen waren seit 1687 in Breslau - heute Wroclaw – ansässig und hatten sich der Mädchenbildung gewidmet. Bei Kriegsende stellte die Institution den größten deutschen Ursulinen-Konvent mit 140 Mitgliedern in einem Mutterhaus und drei Filialen dar. Zwei Schwestern fanden bereits im Jahre 1946 - auf verschlungenen Wegen – und vermittelt durch Dechant Johannes Schmidt von der katholischen St. Jodokus-Pfarrei ein Tätigkeitsfeld am Bielefelder Klosterplatz. Am 1. Juni 1946 – vor 75 Jahren - konnten bereits zwei Sexta-Klassen mit katholischen Flüchtlings- bzw. Vertriebenen-Schülerinnen eröffnet werden. Die große Nachfrage führte schnell zu der Einsicht, dass Bielefeld ein geeigneter Ort sei, um eine Neugründung für den Konvent und die Schule zu wagen. Die Schwestern motivierte auch die Tatsache, dass die hiesige Region seit der Reformation evangelisch-lutherisch geprägt war – vergleichbar zu Breslau, wo es außerdem eine große jüdische Gemeinde gab.
Die Bedeutung für Schildesche
Seit der Auflösung des 939 gegründeten Damenstiftes im Jahre 1810 gab es in Schildesche keine geistliche Gemeinschaft von Frauen mehr. Die Ursulinen lebten vor dem 2. Vatikanischen Konzil (1962-65) noch nach strengen Regeln, die bei vielen Ortsansässigen gar nicht verstanden wurden. Die Schwestern binden sich auf Lebenszeit durch die drei Gelübde „Gehorsam“, „Ehelosigkeit“ und „Armut“ an den jeweiligen Konvent. Sie leben und wirken ziemlich fern vom bürgerlichen Leben. Daher sah die Schildescher Bevölkerung trotz des schnell wachsenden Konventes im Ort kaum Schwestern. Weithin sichtbar war lediglich der Kirchturm und die Kirche. Dazu erfolgte am 3. Oktober 1955, am Fest der heiligen Theresia von Lisieux, der erste Spatenstich. Der eisige Winter damals erzwang einen längeren Baustillstand, sodass erst am 18. April des nächsten Jahres das Richtfest gefeiert werden konnte. Am Sonntag, dem 25. November 1956 – vor 65 Jahren - weihte der Paderborner Erzbischof Lorenz Kardinal Jaeger (1892-1975) die neue St. Ursula-Kirche.

 

Das Mutterhaus
Bereits am 19. März 1951 – vor 70 Jahren - war die Grundsteinlegung für das Konventshaus erfolgt. Die Bielefelder Architekten Schmidt und Pothast hatten ein klassisches Kloster-Modell konzipiert, das abschnittsweise bis 1963 realisiert werden konnte. Die Ordensleute verfügten über keinen persönlichen Besitz und konnten somit nicht am Lastenausgleichsgesetz teilnehmen. Die erforderliche Finanzierung erfolgte deswegen über die folgenden Wege: das Bundesvertriebenen-Ministerium - in Person des Ministers Jakob Kaiser (1888-1961) - gewährte sogenannte „verlorene Zuschüsse“ für den Bau des Schwesterntraktes; das Land Nordrhein-Westfalen gab die für Schulbauten üblichen Mittel; das Erzbistum Paderborn steuerte immer wieder zinslose Darlehen bei. Auch sammelte eine Schwester in einem Zeitraum von zwei Jahren in den USA Spenden von geneigten Katholiken. „Im Übrigen lebten wir sehr ‚genügsam‘“, wie sich Schwester Carola erinnert, die nach ihrem Abitur in Detmold im April 1953 in den Konvent eintrat. „Das Kollegium bestand fast ausschließlich aus Ursulinen; wir lebten praktisch autark, denn das große Gelände auf der Südseite der Schule konnte für den Anbau von Weizen und Roggen, Kartoffeln und Gemüse genutzt werden. In einem kleinen Stall wurden Kälber und Ferkel aufgezogen. Durch diesen Einsatz, den die Nachbarn mit verfolgen konnten, wurde wohl der Verlust des Kleingärtnergeländes allmählich akzeptiert. Für uns Ordensfrauen wurden nach dem 2. Vatikanischen Konzil die Regeln geändert; so konnten wir 1970 das Ordensgewand mit einer Zivilkleidung tauschen,“ führt die langjährige Direktorin der Marienschule aus.
Die Schule
Der Internatstrakt wurde 1959 und das Schulgebäude1963 vollendet. Die Oberstufenreform brachte grundlegende Veränderungen. 1971 wurde die Koedukation infolge von Elternwünschen eingeführt und erstmalig Jungen als Schüler aufgenommen – in der 5. und in der 11. Klasse. Ein naturwissenschaftlicher Trakt erweiterte 1981 die pädagogischen Möglichkeiten. Die Marienschule zählt gegenwärtig gut 1.000 Schülerinnen und Schüler; diese Zahl soll auch bei Vollendung von „G9“ nicht überschritten werden, um die pädagogische Qualität nicht zu gefährden.

Anlässlich des 65. Kirchweih-Jubiläums wird es am Montag, dem 29. November 2021, in der Zeit von 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr einen Videovortrag über die Geschichte des Ursulinen-Konvents und seiner Schule geben. Der Historiker Joachim Wibbing wird anhand historischer Fotos durch die Schul- und Instituts-Historie führen. Im Anschluss besteht Zeit für Fragen und Erinnerungen. Die Moderation wird Sonja Heckmann vom „Runden Tisch Schildesche“ übernehmen. Bei ihr kann auch der Anmelde-Link angefordert werden; per Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder per Telefon: 0521-3294962. Melden Sie sich an und spüren Sie der Geschichte des Schildescher Ursulinen-Konvents nach.
Joachim Wibbing

Foto: Anzi9, Public domain, via Wikimedia Commons